Google Earth Engine erlaubt die Analyse aller gängigen, frei verfügbaren Satellitendaten in einer Cloud-basierten Plattform. Bedient wird dieses mächtige Werkzeug per Java-Programmierung. Wenn der Code einmal fertig erarbeitet wurde, erfolgt die Ausführung innerhalb weniger Minuten! So lassen sich Analysen innerhalb kurzer Zeit durchführen, die auf herkömmlichen Computern Stunden oder Tage dauern würden.
Zur Weiterentwicklung der Anwendungmöglichkeiten war ich an einem Forschungsprojekt mit Gregory Egger beteiligt, das zum Ziel hatte, in einem Gebirgstal im Nationalpark Hohe Tauern semiautomatisch eine flächendeckende Klassifizierung auf Basis von Sentinel-2 Satellitendaten durchzuführen. Meine Aufgabe war der technische Teil der Methodenentwicklung und die Umsetzung in Google Earth Engine.
Kurz zusammengefasst wurde ein Algorithmus mit Standorten gefüttert, deren Biotoptyp bekannt war. An diesen Standorten wurden die Satellitenbilder mittels Machine Learning analysiert. Die so erlernte Charakteristik der unterschiedlichen Biotoptypen wurde anschließend an jedem Standort im Untersuchungsgebiet angewandt, um überall den wahrscheinlichsten Biotoptyp zu bestimmen.
Es folgt die Zusammenfassung der Veröffentlichung, welche in Carinthia II Teil 3 – Nature Tech 2024 publiziert wurde.
Der globale und sich beschleunigende Verlust der biologischen Vielfalt erfordert ein verstärktes Management und einen erhöhten Schutz der ökologischen Ressourcen. In Europa werden die verschiedenen Habitattypen im Rahmen von Natura 2000 regelmäßig erhoben. Dies erfordert ein zuverlässiges Monitoring-Tool, durch das sich die Habitattypen präzise erfassen und abgrenzen lassen. Aufgrund der herausfordernden Bedingungen in Gebirgslandschaften, die groß angelegte Geländeuntersuchungen erschweren, werden zunehmend Fernerkundungsansätze zur Erstellung zuverlässiger Habitatkarten eingesetzt. Das in dieser Studie entwickelte Klassifizierungsverfahren Google4Habitat kombiniert global verfügbare Satellitendaten (Sentinel/Landsat) mit einer Reihe von Standortparametern und vorgeschalteten Expertenregeln zur Ausweisung der Habitate. Dafür wurde in Google Earth Engine für jedes Habitat eine räumliche und zeitliche Analyse des Spektralprofils durchgeführt. Weiters wurden die Parameter Seehöhe, Vegetationshöhe, Oberflächenrauheit (basierend auf LiDAR-Daten (Light Detection and Ranging)), Geologie sowie Indizes bezüglich Vegetation (NDVI, normalisierter Differenzvegetationsindex), Schneedecke (NDSI, normalisierter Differenzschneeindex) und Wasser (NDWI, normalisierter Differenzwasserindex) ausgewertet, um mittels einer überwachten Klassifizierung die Habitate auszuweisen. Folgende Fragen wurden beantwortet: 1) Entsprechen die Ergebnisse den Habitatklassifizierungsrichtlinien der Roten Liste und den Anforderungen von Natura 2000? 2) Welchen Einfluss haben die unterschiedlichen Qualitäten der Eingabedaten auf die Genauigkeit der Ergebnisse? 3) Ist diese Methode geeignet, langfristige Veränderungen in der Habitatverteilung zu erfassen? Wir haben unser Modell im Seebachtal getestet, einer alpinen Region, die Habitattypen von der montanen bis zur nivalen Zone umfasst und zu den unberührtesten Tälern im Nationalpark Hohe Tauern zählt. Die Ergebnisse sind sowohl hinsichtlich der Habitatklassifizierung als auch der Abgrenzung vielversprechend und entsprechen weitgehend den Vorgaben der Roten Liste Kärnten und der Natura 2000 Richtlinien. Landsat-Daten können aufgrund der geringeren räumlichen Auflösung keine kleinräumigen Habitattypen wie Moore und Stillgewässer vollständig erfassen. Ein Vergleich mit den räumlich höher aufgelösten Sentinel-2 Daten zeigt allerdings, dass über das gesamte Untersuchungsgebiet betrachtet, die Genauigkeit der Klassifizierung mittels Sentinel-2 Daten nicht wesentlich verbessert werden konnte. Die Veränderungen in der Habitatverteilung über einen Zeitraum von 30 Jahren wurden jedoch zuverlässig erfasst. Insgesamt ermöglicht unser Modell die rasche Klassifizierung großer Gebiete mit hoher Genauigkeit und eröffnet so neue Wege im Umweltmanagement.